Bertha Pappenheim war Frauenrechtlerin, sprach sich aber gegen Frauenwahlrecht und Abtreibung aus. Sie war Sozialaktivistin, sprach sich aber dagegen aus, dass Menschen für Sozialarbeit bezahlt wurden. Sie übersetzte A Vindication of the Rights of Woman von Mary Wollstonecraft sowie die Memoiren von Glikl bas Judah Leib. Außerdem war sie Anna O. – die junge Frau hinter Sigmund Freuds psychoanalytischer Fallstudie zur sogenannten Hysterie, der Modekrankheit des 19. Jahrhunderts.
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Bertha Pappenheim selbst sprach in in ihrem späteren Leben nie mehr über ihre Erfahrungen mit ihrem Dr. Josef Breuer und seiner Psychoanalyse (die er noch nicht so nannte). Doch auch die modernen Biografien, in denen die Autorinnen behaupten, man solle Bertha Pappenheims spätere soziale Arbeit viel stärker betonen als die wenigen Jahre ihrer Krankheit, nehmen bereits in ihren Titeln immer wieder darauf Bezug. Das leicht Skandalöse, Dramatische dahinter zieht. Und so – shame on us – reden auch wir in dieser Folge darüber …
Bertha Pappenheim, die bereits früh schneeweiße Haare bekam, heiratete nie, sondern konzentrierte sich als Erwachsene auf Wohltätigkeitsarbeit. So erzählen wir auch von ihrer Zeit in Frankfurt am Main und der Gründung eines Waisenhauses für jüdische Mädchen und Frauen in Neu-Isenburg sowie von ihren Tätigkeiten im Jüdischen Frauenbund und ihren Reisen durch Osteuropa, wo sie sich Kinderheime und Bordelle ansah.
Politik, Polizei und Königin
Sie sprach mit Politik, Polizei und sogar einer Königin. Ihr großes Ziel war es, dass die armen, ungebildeten jüdischen Familien dort nicht mehr auf Menschenhändler hereinfielen, die den Frauen und Mädchen das Blaue vom Himmel – genauer: Arbeit und Auskommen versprachen, um sie in Deutschland als Prostituierte zu verkaufen.
Wie es vielen Menschen geht, die ihrem Leben einer solchen Aufgabe verschreiben, hatte Bertha Pappenheim oft Angst, niemals genug tun zu können. Doch viele ihrer Mitstreiter*innen und „Geretteten“ haben sie stets verehrt.
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Ergänzungen:
Susanne fragte nach Bertha Pappenheims Bruder. Wilhelm hieß er. Gefunden habe ich nur, dass sie gemeinsam beim Erforschen ihres Stammbaums herausgefunden haben, dass sie mit Glikl verwandt sind. Also hatten die beiden auf jeden Fall im Erwachsenenalter noch Kontakt.
Das erwähnte Buch von Irvin D. Yalom heißt Und Nietzsche weinte. (Und ja, einen Film gibt es davon auch!) Empfehlen kann ich allen, die sich für Psychoanalyse und -therapie interessieren, außerdem Yaloms Memoiren Wie man wird, was man ist. Und, wenn wir grad beim Thema sind: Vielleicht solltest du mal mit jemandem darüber reden von Lori Gottlieb.
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Quelle: Marianne Brentzel: Sigmund Freuds Anna O. Das Leben der Bertha Pappenheim. Biografie, Reclam Verlag, Leipzig 2004.
Glikl bas Judah Leib oder Glückel von Hameln führte das Leben einer wohlhabenden jüdischen Kauffrau im Altona des 17. Jahrhunderts. Sie war zweimal verheiratet, gebar zwölf Kinder und hinterließ ihnen autobiografische Aufzeichnungen, in denen sie sich im inzwischen ausgestorbenen Westjiddisch zu Familie und Ehe, Religion und Messiasglauben sowie die Hochs und Tiefs der jüdischen Gemeinschaft in Europa äußerte.
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Aus vielen Sorgen und Nöten und Herzeleid
Im Jahre 1691 beginne ich dieses zu schreiben, aus vielen Sorgen und Nöten und Herzeleid … Ich habe dieses angefangen zu schreiben mit Gottes Hilfe nach dem Tode eures frommen Vaters, und es hat mir wohlgetan, wenn mir die melancholischen Gedanken gekommen sind, aus schweren Sorgen, als wir waren wie eine Herde ohne Hirt und wir unseren getreuen Hirten verloren haben. Ich habe manche Nacht schlaflos zugebracht und ich habe besorgt, dass ich nicht, Gott bewahre, in melancholische Gedanken sollte kommen. Darum bin ich oft nachts aufgestanden und habe die schlaflosen Stunden damit zugebracht.
Man weiß nicht, wann Glikl ihren Kindern diese Aufzeichnungen überreicht hat. Ob sie noch am Leben war? Oder ob die Kinder die beschriebenen Seiten irgendwann nach ihrem Tod in einer Schublade gefunden haben? Jedenfalls war es ein großer Schatz, den sie dort in den Händen hielten, eine Lebensgeschichte der Mutter, immer wieder ergänzt durch Erinnerungen und Anekdoten aus der großen jüdischen Gemeinde, die sich über Altona und Deutschland auf ganz Europa erstreckt.
Ein seltenes Schriftstück
Und auch für uns heute ist Glikls Autobiografie ein interessantes Schriftstück. Wann kann man schon einmal direkt in den Kopf einer aschkenasischen Jüdin aus dem 17. Jahrhundert schauen? Der Originaltext ist in Westjiddisch verfasst, einer heute nicht mehr gesprochenen Sprache, und auf Deutsch steht er uns dank der Übersetzung von Bertha Pappenheim zur Verfügung. Bertha Pappenheim ist es auch, die auf diesem Gemälde von Leopold Pilichowski als Glikl posiert. Von Glikl selbst gibt es leider kein Porträt.
Wie sie als (sehr!) junge Frau eines Luxuswarenhändlers zurechtkommt, ob sie gute Partien für ihre Kinder findet und ob die ganze Familie einem vermeintlichen Messias nach Ägypten folgt, all das erfahrt ihr in unserer Podcast-Folge zu Glikl bas Judah Leib oder Glückel von Hameln. (Auch die zwei Namen erklären wir natürlich.)
Wie im Podcast versprochen, hier noch ein Link zum ersten von zehn Videos von La Porta Musicale, in denen ein großer Teil aus Glikls Text vorgelesen und passende Musik dazu gespielt wird. Hört mal rein, um euch einen Eindruck von Glikls Sprache zu machen: Glikl von Hameln – musikalisch literarisch.
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Quellen: Marianne Awerbuch: „Vor der Aufklärung: Die Denkwürdigkeiten der Glückel von Hameln – Ein jüdisches Frauenleben am Ende des 17. und zu Beginn des 18. Jahrhunderts“. In: Willi Jasper und Joachim H. Knoll (Hrsg.): Preußens Himmel breitet seine Sterne, Georg Olms Verlag, Hildesheim/Zürich/New York 2002. Bernhard Gelderblom: Die Juden von Hameln von ihren Anfängen im 13. Jahrhundert bis zu ihrer Vernichtung durch das NS-Regime. Verlag Jörg Mitzkat, Holzminden 2011. Inge Groll: Die jüdische Kauffrau Glikl (1646–1724). Edition Temmen, Hamburg 2011.
Die Österreicherin Hedy Lamarr war Antifaschistin, Hollywood-Diva und wurde vor allem für ihre Schönheit gefeiert. Als ein Fan in den 1990er Jahren eine Kampagne um ein Patent startet, das sie 1942 angemeldet hatte, wird sie auch als Erfinderin berühmt, obwohl das mechanische, auf Lochstreifen basierende Frequenzsprungverfahren schon bei der Einreichung eine veraltete Technik zugrunde legte und keinerlei wirklich Neuerungen enthielt.
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Der moderne Mythos von Hedy Lamarr als Erfinderin wurde von dem Ex-Colonel der US-Armee David R. Hughes geschaffen, der schon als Bub in die aus Österreich stammende Hollywood-Hedy verliebt gewesen war. Hughes war in den 90er Jahren eine wichtige Persönlichkeit in der wachsenden Online-Community und besaß eine frühe Domain. Über diese steuerte er die Kampagne zur Bekanntmachung von Hedys Patent – und zwar so erfolgreich, dass sie 1997 sogar einen Technik-Oscar erhielt. Ihr Sohn Tony Loder strickt weiter an der Legendenbildung. In Deutschland Österreich und der Schweiz wird heute der „Tag der Erfinder“ am 9. November gefeiert, Hedy Lamarrs Geburtstag.
Hedy Lamarr alias Hedwig Kiesler dürfte der späte Ruhm sehr gefreut haben. Denn sie war sich ihr Leben lang ihrer Außenwirkung bewusst und verstand recht genau, welche Rolle PR, Marketing und die Medien dabei spielten. Umso erstaunlicher eigentlich, dass sie das Patent, um das es ging, in ihrer Biographie „Extasy and Me“ von 1967 mit keinem Wort erwähnte.
Der Titel ihrer Autobiografie hat übrigens selbstverständlich nichts mit der gleichnamigen Droge zu tun, sondern mit dem Skandalfilm „Extase“, den sie als 18jährige drehte und in dem der erste weibliche Orgasmus der Filmgeschichte vorkam. Der in Europa gedrehte Film verschaffte ihr internationale Bekanntheit, machte ihr jedoch später, als sie ihre Karriere in den USA begann, auch Schwierigkeiten. So sehr, dass sie angab, zu den Sexszenen im Film gezwungen worden zu sein. Dabei war dies offenbar nicht nötig gewesen. Ihr Filmpartner war auch ihr Freund und überhaupt lebte sie sehr freizügig. Sie liebte Sex und hatte in ihrem Leben unzählige Verehrer, Liebhaber und Ehemänner. Ihren ersten Freund habe sie mit 12 Jahren gehabt, erzählte ihre Mutter später. Da sie schon als Jugendliche eine auffallende Schönheit gewesen war, fiel es ihr sehr leicht, Männer für sich zu gewinnen.
„Das schönste Mädchen der Welt“, so stellte der Theater- und Filmemacher Max Reinhardt sie vor. Später gelang es ihr, die Aufmerksamkeit des einflussreichen Filmmanager Louis B. Mayer zu gewinnen, der ihr den Künstlernamen Hedy Lamarr gab. Da es mit ihren Englischkenntnissen nicht weit her war, verlieh er sie an ein anderes Filmstudio, wo sie ihren ersten Film drehte: „Algier“. Eine beinahe stumme Rolle, doch sie schafft es mit diesem Film, ihren Look berühmt zu machen: Dunkle Haare und rote Lippen gelten nun als sexy. 1937 wird die Zeichentrickfilmfigur Schneewittchen geschaffen, und Hedy Lamarr ist das Vorbild.
Von rechts Hedy Lamarr, Charles Boyer, Sigrid Gurie im Film Algier 1938
Sie heiratet mehrfach, bekommt zwei Kinder und dreht weitere Filme. Keiner der Filme wird für seine Qualität gefeiert, doch alle jungen Männer wollten Hedy sehen. Nur wegen ihrer Schönheit werden viele der Filme zum Erfolg, selbst dann, wenn sie das zweifelhafte Label „schlechtester Film aller Zeiten“ erhalten. Hedy Lamarr sie ist nie richtig zufrieden, nie richtig glücklich, immer auf der Suche, und ihr kompromissloser Lebensstil bekommt ihr nicht gut. 1966, mit 52 Jahren, wird sie wegen Ladendiebstahls angeklagt. Versuche, eigene Filme zu produzieren scheitern. Ihre fünfte Ehe mit einem texanischen Ölmilliardär hält fünf Jahre, es ist ihre längste Beziehung. Sie beginnt eine Affäre mit ihrem Scheidungsanwalt, er wird Ehemann Nummer 6.
In den 60er Jahren ist die Schauspielkarriere vorbei. Ein Klatschjournalist führt Interviews mit ihr, ihre Autobiografie wird veröffentlicht, ohne dass sie sich die Mühe macht, den Inhalt wirklich zu kontrollieren. Die „Sexbeichte“ wird ein riesiger Erfolg. Sie geht gegen das Buch vor, verliert jedoch vor Gericht. Im Alter leidet sie unter Verfolgungswahn. Ihre Wohnung in New York vermüllt zunehmend. Finanzielle Probleme hat sie nicht, ist jedoch abhängig von Medikamenten und ihren Kindern entfremdet, zu denen sie nie eine enge Beziehung gepflegt hatte. 1998 wirbt die Softwarefirma Corel ungefragt mit einem Foto von ihrem Gesicht für das Grafikprogramm Corel Draw. Vor Gericht erstreitet sich die Vierundachtzigjährige 5 Millionen Dollar. Ihren Kindern hinterlässt sie bei ihrem Tod 3 Millionen Dollar, die von dem Betrag zunächst einmal ausstehende Anwaltskosten begleichen müssen.
Noch viel mehr über das aufregende Leben der Hedy Lamarr und über ihr Patent von 1942, das sie zusammen mit dem Musiker Georg Antheil erhielt, erfahrt ihr im Podcast.
Den Film „Bombshell, The Hedy Lamarr Story“ von Alexandra Dean habe ich mir nicht angeschaut. Er soll ziemlich unkritisch mit der Geschichte umgehen, aber trotzdem interessant sein, darum hier der Hinweis. (Deutscher Titel: Geniale Göttin. Die Geschichte von Hedy Lamarr. Der Film wurde übrigens im Oktober 2020 auf Arte gezeigt).
Noch mit 90 Jahren sitzt die US-Amerikanerin Betty Ann Dodson im Fernsehstudio und klärt Frauen über Gleichberechtigung und Selbstständigkeit auf – zu erreichen durch befreiten Sex und Masturbation. Denn wenn Frauen ihren eigenen Körper kennen und lieben, können sie viel selbstbewusster durchs Leben gehen.
Ihre Initialen formen das Wort BAD – schlecht, böse, verdorben. Und das nimmt sich bereits die junge Betty zum Vorbild, als sie im Mittleren Westen aufwächst und mit der rigiden Sexualmoral der Dreißiger, Vierziger, Fünfziger Jahre so überhaupt nichts anfangen kann. Warum soll sie als Frau ihre Lust nicht zeigen? Warum darf sie sie sich selbst nicht einmal eingestehen?
Eigentlich möchte sie Modeillustratorin werden und studiert an der National Academy of Design in New York City. Aber als sie zum ersten Mal im Museum alte Renaissance-Aktgemälde sieht, ist es um sie geschehen. Genau so etwas will sie zeichnen.
Grenzen austesten
Und so etwas will sie selbst erleben. Betty Dodson begibt sich in den nächsten Jahrzehnten auf eine Reise ins Reich ihrer eigenen Sexualität und macht vor (fast) nichts und niemandem Halt. In den Sechzigern und Siebzigern – zur Zeit der sexuellen Revolution – ist sie dabei zum Glück nicht allein. Sie möchte ihre eigenen Grenzen austesten und überschreiten, auch wenn ihr das nicht immer leicht fällt.
Bald erkennt sie außerdem, dass sie anderen Frauen viel über ihre Körper und ihr sexuelles Erleben beibringen kann und beginnt eine Reihe von Workshops mit „Genital Show and Tell“ (bei dem die Frauen ihre eigene Vulva betrachten und bewundern lernen) und der Vermittlung von Praktiken für Masturbation und Partnersex.
Auch ihre Kunst kommt nicht zu kurz
Auch ihre Kunst kommt nicht zu kurz. Sie stellt ihre Bilder aus und verkauft sie, wenngleich es oft in ihrem Leben Phasen gibt, in denen sie kaum Geld hat.
Sie schreibt für das Ms. Magazine – Selbstbefriedigung ist für sie radikaler Feminismus – und veröffentlicht das Buch Liberating Masturbation. A Meditation on Self-Love, das Ende der Achtziger von einem großen Verlag „entdeckt“ wird. Und noch mit 90 Jahren sitzt sie bei Gwyneth Paltrow im Goop Lab (Netflix-Serie) und assistiert ihrer Geschäftspartnerin Carlin bei laufender Kamera, bis diese zum Orgasmus kommt.
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We’re very dangerous when we’re knowledgeable
Betty Dodson in „The Goop Lab with Gwyneth Paltrow“
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Nachtrag: Susanne fragt in der Folge danach, was Betty Dodson wohl zu #metoo zu sagen hatte. Hier gibt es ein Interview bei InsideHook, in dem sie darüber spricht.
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Quelle: Betty Dodson: Sex by Design – The Betty Dodson Story, Eigenverlag 2010
Sie stammte aus einer armen sächsischen Familie und war nach Maria Sibylla Merian die bedeutendste Naturforscherin und Forschungsreisende Deutschlands. Trotz mangelhafter Schuldbildung machte sie sich als Botanikerin einen so guten Namen, dass sie sich auf Augenhöhe mit Universitätsprofessoren unterhalten konnte. Ihr abenteuerlicher Lebensweg führte sie bis ins australische Outback.
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Sie wird 1821 in eine arme Familie in Sachsen hineingeboren. Ihr Vater war Beutler (Hersteller von Lederwaren) im sächsischen Siebenlehn. Die vierköpfige Familie, Amalie hat noch einen Bruder, lebt in der sogenannten Unterstadt, dem Arme-Leute-Viertel. Die »Nellen Male«, wie sie genannt wird, (ihr Mädchenname ist Nelle), ist ein ernstes und kluges Mädchen, und die Eltern schicken sie sogar auf die Schule, wofür sie von ihrem Haushaltsgeld etwas abzweigen müssen. Sie wird älter, bleibt aber bei den Eltern. Den Heiratsantrag eines reichen Mehlhändlers lehnt sie ab.
Amalie Dietrich
Mit vierundzwanzig Jahren lernt sie bei einer Wanderung den Naturforscher Wilhelm Dietrich kennen, der in der Oberstadt von Siebenlehn wohnt. Über ihn kursieren die wildesten Spekulationen, denn niemand weiß, was ein Naturforscher eigentlich macht. Wilhelm Dietrich hätte eigentlich Arzt werden wollen, musste jedoch das Studium abbrechen, weil das Geld nicht reichte, er machte eine Apothekerlehre, gab die Anstellung, die er als Apotheker hatte, jedoch auch wieder auf, um Privatgelehrter zu werden. Sein Interesse und seine Leidenschaft gehören der Botanik.
Das Kategorisierungssystem von Carl von Linné, die botanische und zoologische Nomenklatur, ist einige Jahrzehnte zuvor erfunden worden und hat sich etabliert. Der Besitz und das Erstellen von Herbarien, um die Formfülle der Natur zu ordnen, ist sozusagen en vogue. Jeder Botaniker setzt seinen Ehrgeiz daran, die Pflanzenarten in seiner Umgebung oder in bestimmten Regionen zu bestimmen und zu beschreiben. Und das tut also Wilhelm Dietrich, der ungefähr zehn Jahre älter war als Amalie. Die junge Frau ist völlig fasziniert. Ihr erschließt sich mit einem Schlag eine völlig neue Welt. Sie beginnt mit Dietrich die Wälder und Felder zu durchstreifen und als er bei ihren Eltern um ihre Hand anhält, sagt sie sofort Ja.
Wilhelm Dietrich hat natürlich sofort das Talent seiner jungen Frau erkannt. Sie ist fleißig, gelehrig, hat keine großen Ansprüche an ihren persönlichen Komfort, leidet nicht unter »Putzsucht«, denn das gilt quasi als Todsünde – gemeint ist damit, der Wunsch hübsch auszusehen und schöne Kleider zu tragen – und sie ist bereit, sich völlig unterzuordnen. Sie geht bei ihrem Mann in die Lehre.
Dreihundert Taler haben die Eltern für die Aussteuer der Tochter angespart, das ist gar nicht einmal so wenig für eine so arme Familie, und die werden nicht in Leinenwäsche oder ein neues Kanapee investiert, sondern in Pflanzenpressen, Glashäfen, Spiritus und Papier. Das Paar zieht in ein altes Forsthaus, es ist ungemütlich, aber luftig und groß, und jeder Raum wird Teil der Werkstatt. Es gibt keine Wohnstube, es gibt nur Arbeitsräume. Tausende getrocknete Pflanzen liegen in den Regalen, Blüten, Stängel, Wurzeln, dazu mumifizierte Insekten und Mineralien, alles fein säuberlich geordnet und aufgereiht.
Im Sommer wird tagsüber gesammelt und abends getrocknet und gepresst und im Winter ordentlich auf Papier aufgezogen beschriftet. Amalies Eltern ziehen bei dem Paar ein und die Mutter macht den Haushalt. Amalie kann sich also voll und ganz darauf konzentrieren, die Assistentin ihres Mannes zu sein.
Er war womöglich ein guter Lehrer – ob er ein guter Mensch war, sei dahingestellt. Auf jeden Fall nutzt er ihren Aufopferungswillen aus. Beispielsweise trägt er nie selbst den Korb, in dem sie die Pflanzen nach Hause tragen, das lässt er immer sie machen, auch als sie die Wanderungen später ausweiten und teilweise wochenlang umherziehen, ohne nach Hause zurückzukehren. Das geht auch gut, zumindest solange sie noch kein Kind haben. 1848 wird die Tochter Charitas geboren. Der Vater ist enttäuscht, keinen Sohn zu haben, Amalie muss weiter arbeiten, wahrscheinlich will sie es auch. Hausfrau zu sein – und nun auch noch Mutter – hat sie nie gelernt, und ihre Mutter ist ja noch da, um sich zu kümmern. Also bleibt erst einmal alles beim Alten.
Finanziell sieht es nicht so gut aus. Die Herbarien, die sie erstellen, sind zwar sehr hochwertig, aber die Kundschaft, Universitätsprofessoren etwa, ist nicht sehr zahlungsfreudig. Es ist sehr schwer, angemessene Preise für die viele Arbeit zu erzielen. Es reicht also gerade so zum Leben. Vier Jahre später stirbt die Mutter und Amalie fühlt sich überfordert. Sie stellt ein junges Dienstmädchen ein. Nun kommt der Klassiker: Der Ehemann verliebt sich neu und verschwindet, angeblich um in Berlin Geld einzutreiben, das ihm zusteht. In Wahrheit trifft er sich mit dem Dienstmädchen.
Aus: Die Verteufelung der Amalie Dietrich von Ray Sumner.
Das ist eine große Krise in Amalies Leben. Sie hat das Gefühl, mit einem Mal völlig allein dazustehen. Sie besorgt sich einen Pass und reist mit ihrer Tochter nach Bukarest, wo ihr Bruder Karl lebt. Für die damalige Zeit eine Reise ans Ende der Welt. Ihr Bruder ist wie der Vater Lederwarenhersteller geworden und hat es damit weit gebracht, er ist recht wohlhabend. Doch das Leben in der Großstadt fällt Amalie schwer und mit ihrer hübschen auf Etikette bedachten Schwägerin, kommt sie nicht sonderlich gut zurecht. Sie lässt sich als Haushälterin bei einem sächsischen älteren Ehepaar in einem Karpatendorf anstellen und schätzt die Ruhe der Natur, die sie dort im Gegensatz zur Großstadt wieder genießen kann. Sie nimmt das Sammeln von Pflanzen wieder auf und schickt die Pflanzen zu ihrem Mann nach Siebenlehn. Nach einem Jahr kehrt sie nach Hause zurück.
Sie ist selbstbewusster geworden – doch es ist für sie keine Frage, dass sie nun wieder mit ihrem Mann zusammen arbeiten wird. Die Tochter müssen sie bei den ausgedehnteren Wanderungen, die sie nun unternehmen, teilweise sind sie vier bis fünf Monate am Stück unterwegs, in fremden Familien unterbringen. Sie sammeln Farne, Moose, Gräser, Giftpflanzen für Apotheken, Schulen, Universitäten und botanische Gärten. Da ihr der Tragekorb auf dem Rücken zu schwer wird, schafft Amalie einen Handwagen an, der von einem Hund, Hektor mit Namen, gezogen wird. Doch wenn es bergauf geht, zieht sie auch selbst.
Dann wird das alles ihrem Mann irgendwann zu anstrengend. Amalie Dietrich ist nun 36 Jahre alt und muss die Familie ernähren. Sie ist jetzt immer allein unterwegs, hat aber auch mehr Freiheiten und kommt in Kontakt und in Gespräche mit ihren Kunden, mit gebildeten Männern, die die Qualität ihrer Arbeit anerkennen. Sie redet mit Universitätsprofessoren, Lehrer, Apotheker – sie erfährt etwas über den Stand der wissenschaftlichen Forschung.
Dann soll die Sammlung ergänzt werden mit Algen und Seetang und sie soll, so der Wunsch ihres Mannes, an die holländische Küste wandern. In Harlem bei Den Haag bricht sie zusammen. Sie hat Typhus und überlebt die Krankheit kaum, liegt wochenlang im Spital. Als sie nach Hause zurückkehrt, ist ihr Mann nicht mehr da. Er hat sich als Hauslehrer anstellen lassen. Die Tochter hat er wiederum bei einer fremden Familie untergebracht.
Sie holt die Tochter zu sich und stellt gemeinsam mit ihr neue Herbarien zusammen, die sie zu Geld machen kann. Nun läuft es für sie ein bisschen besser, sie spart das Geld für eine Bahnfahrkarte nach Hamburg zusammen, wo sie ihre Moosherbarien verkaufen will. Sie wird weiterempfohlen an Cesar Godefffroy, einem Reeder und begeisterten Sammler naturkundlicher Materialien, der dabei ist ein naturkundliches Museum aufzubauen. Beim zweiten Anlauf empfängt er sie, beim ersten hat er sie noch abgewiesen, weil sie nun daran gedacht hat, sich Referenzen zu besorgen, die sie vorlegt. Und sie wird engagiert.
Die Firma Godeffroy ist ein bedeutender Name in Hamburg. Sie haben nicht nur die Reederei, sie verdienen ihr Geld mit Kohle, Eisen und Stahl, mit Überseehandel und Plantagen. Godeffroy wird «König der Südsee», aber auch «Raffzahn» genannt. Und wer Geschäfte in den Kolonien machte, war wahrlich nicht zimperlich. Ein wichtiges Handelsgut war das sogenannte Kopra, getrocknetes Kokosnussfleisch, das man zu Öl verarbeitete. Damals wurden in der Südsee ganze Landstriche gegen Gewehre oder Baumwollstoffe eingetauscht. Anschließend wurden die Ureinwohner auf den Plantagen angestellt, wo sie für einen Hungerlohn arbeiten mussten.
Ein weiteres Standbein von Godeffroy ist das Geschäft mit australischen Auswanderern. In Australien gab es damals reichlich Grund und Boden, aber zu wenig Arbeitskräfte, weshalb man dort billig Grund und Boden erwerben konnte. Zwischen 1855 und 1866 schafften 13 Godeffroy-Schiffe in 26 Fahrten mehr als elftausend deutsche Auswanderer nach Australien. Die Kapitäne sind angewiesen, unbekannte Pflanzen und Tiere mit zurückzubringen – auf Speicherböden werden die Sachen aufbewahrt und sortiert und dafür auch extra jemand eingestellt, ein Präparator. Nachdem Amalie Dietrich also die Zusage für ihre Anstellung bekommen hat, muss sie noch ihre Fertigkeiten ein wenig ausweiten. Sie lernt, Vögel abzubalgen, mit dem Gewehr umzugehen, lernt Säugetiere und Fische auszunehmen und einzupökeln. Und dann reist sie mit naturkundlichen Büchern, Werkzeug und Materialien im Gepäck nach Australien. Immerhin bekommt sie eine erste Klasse Kabine zugewiesen. Wenn auch ihr Lohn, wie später Forscher herausgefunden haben, nur halb so hoch war, wie der eines Mannes, ist sie nun im Zenit angekommen. Sie hat die Anerkennung der wissenschaftlichen Welt erreicht.
Ihre Tochter kann sie freilich nicht mitnehmen. Sie schickt sie auf eine gute Schule, ein Institut, auf dem sie zur Kindergärtnerin nach der neuen Fröbel-Methode ausgebildet wird. Später verbringt die Tochter längere Zeit in London. Das Geld für die Tochter ist der größte Posten in Amalie Dietrichs Haushalt. Sie verdient 387 Taler im Jahr, das Schulgeld beträgt 150 Taler. Sie selbst gönnt sich so gut wie nichts für ihren persönlichen Komfort.
Amalie Dietrich und ihre Tochter Charitas
Zehn Jahre bleibt Amalie Dietrich nun in Australien. Sie sammelt alles, was ihr unter die Finger kommt und bekommt auch konkrete Anweisungen aus Hamburg, etwa verschiedene Hölzer zu sammeln, «Probenblöcke», und auch genau, wie sie die Sachen verpacken soll und wie viele Exemplare jeweils gewünscht werden. Godeffroy stellt nämlich wiederum Sammlungen zusammen, die dann weiterverkauft werden.
Aus einer Anzeige: «Neuholländische Pfanzen, gesammelt von Amalie Dietrich am Brisbane River Col. Queensland im Auftrage des Herren Joh. Ces. Godeffroy & Sohn in Hamburg … Es können Sammlungen bis ca. 350 Arten geliefert werden»
Es werden einige Pflanzen nach Amalie Dietrich benannt, beispielsweise eine Moosart, zwei Algenarten, eine Akazie, zwei Wespenarten.
Von Brisbane zieht sie weiter nach Norden, nach Gladstone. Wie sie dort gelebt hat, wissen wir kaum. Es gibt dazu nur die Schilderungen der Tochter, die in ihr Buch Briefe einbindet, die angeblich von der Mutter stammen sollen, es jedoch sehr wahrscheinlich nicht sind. Sie hat das Buch nach dem Tod der Mutter geschrieben und Forscher haben in den Briefen Zitate aus anderen Büchern wiedererkannt – und außerdem botanische Fehler festgestellt, die Amalie Dietrich wohl niemals unterlaufen wären.
Auch menschliche Skelette schickt sie nach Deutschland. Darwins (1809-1882) Evolutionstheorie ist auf dem Vormarsch und damit auch der Sozialdarwinismus. Man vermutet, dass die australischen Ureinwohner womöglich das Missing Link sein könnten zwischen den Menschenaffen und den Menschen. Godeffroy förderte diesen Zweig der Wissenschaft. In den australischen Briefen heißt es, sie habe bei den Erwachsenen die in den Baumwipfeln aufgebahrten Leichen stehlen müssen. Kinderleichen seien einfacher zu beschaffen, da sie in einen hohlen Baum gesteckt werden, der mit roter und weißer Farbe gestrichen wird.
Sie dringt immer weiter ins Outback vor, weit weg von jeder Zivilisation, bleibt an eine, Ort, an dem außer ihr nur drei Familien leben. Ihre Tochter schildert in ihrem Buch alle möglichen Abenteuer, von denen man aber nicht weiß, ob sie wahr sind. Ein abenteuerliches und entbehrungsreiches Leben war es aber ganz gewiss. Nach zehn Jahren, 1873, kommt sie wieder in Hamburg an und hat zwei selbst gezähmte Raubvögel im Gepäck, einen Keilschwanz und einen australischen Seeadler, als Geschenk für den Hamburger. Zoo Tochter Charitas holt sie ab.
Da saß am anderen Ende der Kajüte eine alte Frau mit gekrümmtem Rücken. Ihr pergamentartiges verwittertes Gesicht war von tausend Falten und Fältchen durchfurcht und wurde von dünnen weißen Scheiteln umrahmt. Ein dürftiges Röckchen und eine dunkle Kattunjacke umschließen die alternde Gestalt. An den Füßen trug sie alte graue Segeltuchschuhe, die vielfach Löcher zeigten. … Zwei Fremde standen sich gegenüber.
Aus: Charitas Bischoff, »Amalie Dietrich. Ein Leben«.
Die Sammlung Godeffroy ist nun ein Museum. Amalie Dietrich bekommt eine Anstellung und darf ihre Sammlung betreuen. Sie ist ein häufiger Gast an der Hamburger Universität, geht dort in die Vorlesungen. Doch sechs Jahre nach ihrer Rückkehr ist Godeffroy plötzlich pleite. Das Museum wird verkauft, die Sammlungen werden auseinandergerissen, vieles – zu vieles – ist noch nicht einmal erfasst und katalogisiert worden. Manche Pflanzen, die sie als erste entdeckt und beschrieben hat, werden später von anderen ein zweites Mal zum ersten Mal entdeckt und beschrieben. Vieles, was überlebt, weil es beispielsweise von der Stadt Hamburg oder von Leipzig aufgekauft wird, wird später im Krieg vernichtet. Nur die Herbarien bleiben wohl verschont und existieren bis heute.
Amalie Dietrich zieht in ein städtisches Altersheim um. Sie stirbt 1891 mit 70 Jahren, 18 Jahre nachdem sie aus Australien zurückgekehrt ist, und 12 Jahre, nachdem die Sammlung Godeffroy aufgelöst wurden.
Für diese Episode verwendete Literatur:
Renate Feyl. Der lautlose Aufbruch. Diana Verlag 2004
Amalie Dietrich (1821-1891) : German biologist in Australia : homage to Australia’s Bicentenary 1988, Stuttgart : Institut für Auslandsbeziehungen
Die Britin Mary Leakey hatte nicht einmal einen Schulabschluss, aber wusste genau, was sie wollte: in Afrika nach Fossilien und Knochen suchen. Begleitet von ihrem Mann Louis Leakey wurde sie zu einer berühmten Paläoanthropologin und fand dort unter anderem den „Nussknackermenschen“ – den ältesten je gefundenen Vertreter der Hominini.
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Auf der Suche nach den Ursprüngen der Menschheit
Staub und Steine, Hitze bei Tag, Eiseskälte bei Nacht. Spinnen im Klo, Schlangen unter dem Dach, Geparden und Nashörner vor der Tür – und eines Abends schreit Baby Jonathan, als eine Horde Heeresameisen über ihn herfällt. Doch Afrika, genauer Kenia und Tansania, ist die Wahlheimat von Mary Leakey, und bei einem Besuch in London bekommt sie einmal fürchterliches Heimweh, als sie im Zoo einen Löwen brüllen hört.
Schon bald ist sie zurück in der Olduvai-Schlucht:
In a few more miles I was looking spellbound … at a view that has since come to mean more to me than any other in the world. As one comes over the shoulder of the volcanic highlands to start the steep descent, so suddenly one sees the Serengeti, the plains stretching away to the horizon like the sea, a green vastness in the rains, golden at other times of the year, fading to blue and grey. ... If it is the rainy season … the grass beside the road will be green and fresh and growing, and there will be many wild flowers. Some of the acacias, too, will have their sweet-smelling white blooms. Here and there, dark rain-storms gather as the day proceeds, but everywhere else shimmers in the hot, bright sunshine. … Olduvai Gorge itself can also be seen. … I shall never tire of that view, whether in the rains or the dry season, in the heat of the day or in the evening when one is driving down straight towards the sunset. It is always the same; and always different. Now, nearly half a century later, that view means to me that I am nearly home.
Immer dabei ist ihr Mann Louis Leakey, zumindest bis es zu einem großen Bruch kommt. Seine erste Frau hat er verlassen, als sie mit dem zweiten Kind schwanger war, und nach einer skandalösen Scheidung hat er Mary Leakey geheiratet. Er ist ein wahnsinnig charismatischer Mann, kann den Menschen Forschungsgelder aus den Rippen leiern, aber wohl leider auch die Finger nicht von anderen Frauen lassen.
Das sprichwörtliche Leakey-Glück
Doch Mary Leakey lässt sich dadurch nicht von ihrer größten Leidenschaft abbringen. Mit dem sprichwörtlichen Leakey Luck findet sie nicht nur den ersten Schädel eines Proconsul africanus, sondern auch Teile des sogenannten Nussknackermenschen. Bei einer Schlacht mit Elefantendung (wenn es keine Schneebälle gibt, muss man sich eben anders behelfen) stolpert sie regelrecht über prähistorische Fußabdrücke, die gleich nach einer lang vergangenen Regenzeit, aber kurz vor einem nahen Vulkanausbruch entstanden sein müssen.
Was für ein Gefühl das wohl ist – die Erste zu sein, die nach über 3,5 Millionen Jahren die Fußabdrücke eines menschlichen Vorfahren entdeckt? Oder vor einer Wand mit Höhlenmalerei zu sitzen und mit Block und Stift auf dem Schoß eine solch entfernte Lebenswelt nachzuzeichnen, in der die Menschen miteinander getanzt und sich gestritten und Nashörnern bei der Kopulation zugesehen haben? Ganz wie heute … (Außer das mit den Nashörnern.)
Wenn ihr nach dieser Folge auch plötzlich den Drang habt, nach Afrika zu reisen, schreibt uns. Wir fahren gemeinsam!
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Quellen: Mary Bowman-Kruhm: The Leakeys. A Biography. Greenwood, Westport 2005 Mary Leakey: Disclosing the Past. An Autobiography. Doubleday & Company, New York 1984 Virginia Morell: Ancestral Passions, The Leakey Family and The Quest For Humankind’s Beginnings, Simon & Schuster, New York 1995
Die deutsche CDU-Politikerin war die erste Frau, die in der Bundesrepublik Deutschland das Amt einer Bundesministerin innehatte. Sie schrieb gegen die Nationalsozialisten an und setzte sich für die Reform des Familienrechts ein. Als Bundesgesundheitsministerin leistete sie Pionierarbeit auf dem Gebiet der Gesundheits- und Umweltpolitik.
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Ihr Elternhaus ist liberal eingestellt. Die Mutter, eine Lehrerin, und vor allem die Tante sind von der Frauenbewegung der 1880er Jahre beeinflusst. Elisabeth besucht die Schillerschule in Sachsenhausen, die als eine der besten Mädchenschulen Deutschlands gilt.
Der Vater wird Oberschulrat und sitzt als Abgeordneter der Deutschen Volkspartei in der Weimarer Republik im preußischen Landtag. Er lebt seiner Tochter politisches Engagement vor, streitet für die Themen, die ihn bewegen und beschäftigen. Die selbstverständlich gleichberechtigte Lebensweise der Eltern prägt Elisabeth sehr. Gleichzeitig fragt sie sich, wie man die Rolle der Frau den neuen Gesellschaftsformen so anpassen könnte, dass sie Kinder haben und doch mit gleichen Entwicklungschancen leben könnte wie ein Mann. Es wird das Thema ihres Lebens.
Lehrerin, Juristin, Kirchenbeamtin
Mit 19 Jahren hat sie ihr Abitur in der Tasche und will studieren, es zieht sie zum Journalismus. Der Vater empfiehlt ihr, Lehrerin zu werden. Ein Jahr später legt sie am Oberlyceum ihr Examen für Volks- und Mittelschulen ab, entscheidet sich aber dann, Jura zu studieren und Jugend- oder Vormundschaftsrichterin zu werden. Sie besucht Verhandlungen an Frankfurter Gerichten, Verhandlungen, die etwas Neuartiges haben, da der einfühlsame Richter sich für die Beweggründe der jungen Gesetzesbrecher interessiert. Der Geist der Güte, so sagt sie es selbst, durchweht den Gerichtssaal und sie ist sich nun sicher, dass dies ihr Beruf werden soll.
Dann kommen die Nazis an die Macht und alles anders als geplant. Elisabeth Schwarzhaupt liest Hitlers Schriften. Sie ist entsetzt, «und zwar wegen seines Niveaus, wegen dieser primitiven demagogischen Art, dass ich sagte, das darf doch nicht sein, dass dieser Mann eine große politische Rolle in Deutschland spielt.» In der Folge tritt sie in die DVP ein. Sie schreibt Broschüren und hält Vorträge, die die frauenfeindliche Haltung der Nationalsozialisten, ihre rein männlich ausgelegten Strukturen und ihr dümmliches Frauenbild zum Thema haben. Durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten, die keine Frauen im Richteramt dulden, muss sie sich beruflich neu orientieren.
Diese Chance bietet ihr die evangelische Kirche. Am 1. April 1939 wird sie zur Oberkirchenrätin ernannt und verbeamtet. Nach Kriegsende wechselt sie ins kirchliche Außenamt der EKD. Sie befasst sich mit dem Thema Abtreibung, die damals noch streng unter Strafe steht und wirft die Frage auf, ob es nicht erlaubt sein sollte abzutreiben, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist. Schwangerschaftsabbrüche aus anderen Gründen werden von der evangelischen Kirche allerdings damals noch rigoros abgelehnt.
Die erste Frau in einem Ministeramt
1953 kandidiert sie zum ersten Mal für den Bundestag, nachdem sie vier Jahr zuvor ein entsprechendes Angebot noch abgelehnt hat. Im zweiten Anlauf, vier Jahre später, gewinnt sie ihren Wiesbadener Wahlkreis. Im Jahr 1954 hält sie ihre erste Rede im Plenum zum Thema Änderung des Familienrechts.
@ACDP
Ich glaube, dass ich mit meinem Eintritt in das Kabinett, wenn auch als Alibifrau, eine Tür für die Frauen geöffnet habe, die nicht mehr zugeschlagen werden konnte.
Elisabeth Schwarzhaupt
Gleichstellung von Männern und Frauen ist ihr Thema und immer wieder auch die rechtliche Situation von Kindern. Beispielsweise setzt sie sich dafür ein, dass unehelich geborene Kinder den ehelich geborenen rechtlich gleichgestellt werden.
1961 wird sie trotz Adenauers anfänglichem Widerstand gegen eine Frau in seinem Kabinett Ministerin. Das Familienministerium bleibt jedoch dank des Einsatzes mächtiger konfessioneller Gruppen einem verheirateten Katholiken vorbehalten. Für die unverheiratete Protestantin Elisabeth Schwarzhaupt wird das Amt des Gesundheitsministeriums neu geschaffen. Sie gestaltet es so aus, dass es auch Themen wie Verbraucher- und Umweltschutz umfasst. Die Umweltpolitik, die sie schon 1961 angestoßen hat, wird später der sozialliberalen Koalition ab 1971 zugeschrieben.
Zu den Dingen, die sie auf den Weg gebracht hat, gehören das Mindesthaltbarkeitsdatum auf Lebensmitteln, die Kennzeichnung von Fremdstoffen in Lebensmitteln, eine Umweltschutzverordnung zur Reinhaltung des Wassers und der Luft und eine Reform des Arzneimittelgesetzes.
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Quelle:
Harald Ille: „In diesem Kreise sind auch Sie ein Herr“ – Elisabeth Schwarzhaupt, erste Ministerin der Bundesrepublik. In: Frankfurter Frauengeschichte(n), Societätsverlag 2017.
Die Kinder- und Sozialpsychologin aus den USA beschäftigte sich mit den Auswirkungen von Rassismus und rassistischen Vorurteilen auf Kinder. Mit ihrem „Puppentest“ trug Mamie Phipps Clark dazu bei, dass vor Gericht eine Integration von bislang segregierten Kindergärten und Schulen vorangetrieben wurde.
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Mamies Kindheit war geprägt von der Rassentrennung in den Südstaaten, wo die Familie Phipps sich vor jedem längeren Ausflug oder dem Besuch eines Footballspiels ganz genau überlegen musste, wo sie etwas zu essen oder eine Toilette finden würde – denn alles war streng nach Schwarz und Weiß getrennt. Dennoch sagte sie später, sie habe eine glückliche Kindheit gehabt.
Wie Kinder auf ihre Umwelt reagieren
Das mag eine nachträgliche Verklärung sein, denn die Frage, wie Schwarze Kinder auf ihre tiefgreifend rassistische Umwelt der Zeit reagieren, hat sie ihr ganzes Leben umgetrieben. Sie studierte Psychologie und entwickelte in dieser Zeit den erwähnten Puppentest. In den 1940ern bis 1960ern startete sie gemeinsam mit ihrem Mann Kenneth Clark verschiedene Projekte zur Förderung unterprivilegierter Kinder. Gerade in Harlem war die Skepsis gegen ihren psychologischen Ansatz erst einmal groß, denn zu oft wurden Schwarze von den „weißen“ Behörden als geistig zurückgeblieben oder verrückt tituliert, nur weil ihnen jede Chance auf Bildung fehlte.
Doch Mamie Phipps Clark erarbeitete sich das Vertrauen ihrer Community, und ihr Northside Center for Child Development, das sie mit 936 Dollar ihres großzügigen Vaters startete, ist auch heute noch aktiv.
Alice Hasters: Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten, hanserblau 2019. Tupoka Ogette: exit Racism, Unrast-Verlag 2019.
Die Schweizerin aus gutbürgerlichem Hause war Juristin, Journalistin und Frauenrechtlerin. Scharfzüngig und hellsichtig analysierte sie die Geschlechterverhältnisse in der Schweiz. In ihrem Werk „Frauen im Laufgitter“, erschienen 1958, kritisiert sie, dass den Frauen oft nur berufliche „Abfallarbeit“ zugestanden werde. Sie verurteilt den „Haushaltsfron“, problematisiert Ehe und Mutterschaft sowie die politische Unmündigkeit der Frauen und propagiert überdies sexuelle Selbstbestimmung und freie Liebe.
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Iris von Roten, geborene Iris Meyer, war ein ausgesprochen reflektierter Mensch. Und sie war bei aller intellektueller Schärfe ein sinnlicher Mensch. Sie liebte Literatur, Kunst und Kunstgeschichte und stellte schon als junges Mädchen fest, dass Arbeit und Genuss sich im Leben eines Menschen die Waage halten sollten. Die Rolle, welche die Gesellschaft für Frauen vorgesehen hatte, behagte ihr hingegen ganz und gar nicht.
Sie studiert Rechtswissenschaften an der Universität Bern, fällt auf durch ihre Intelligenz, ihre selbstbewusste Haltung und ihren Sinn für Mode. Nach ihrer Dissertation arbeitet sie als Journalistin, unter anderem als Chefredakteurin des Schweizer Frauenblatts. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Peter von Roten, den sie während ihres Studiums kennengelernt hat, betätigt sie sich auch als Anwältin. Bereits 1948 beginnt sie mit den Recherchen für ihr Hauptwerk „Frauen im Laufgitter. Offene Worte zur Stellung der Frau“, das 1958 erscheint.
efef-Verlag, Neuauflage 2014 mit einem Nachwort von Elisabeth Joris
Zu dieser Zeit dürfen Frauen in der Schweiz noch nicht wählen. Im Februar 1959 soll darüber abgestimmt werden – und ihr feministischen Manifest feuert die Debatten rund um das Thema Frauenwahlrecht an. Iris von Roten wird als wütend und aufrührerisch wahrgenommen und als „streitsüchtige Hysterikerin“ diffamiert. Selbst Frauenverbände distanzieren sich von ihr, da sie sich mit vielen ihrer radikalen Positionen nicht anfreunden können. Insbesondere ihre Auffassung von selbstbestimmter Sexualität findet bei ihren Geschlechtsgenossinnen keine Zustimmung. Dass Iris und Peter von Roten selbst ein unkonventionelles Beziehungsmodell leben, welches nicht strikt monogam ist und Haushalt und Kindererziehung auf beide Ehepartner verteilt, dürfte die Ablehnung zusätzlich verstärkt haben.
Die „Simone de Beauvoir der Schweiz“ wird sie auch genannt und eine solch faszinierende Persönlichkeit hat natürlich einen Ehrenplatz in unserem Frauenleben-Podcast verdient. Diese Folge beruht auf der Doppelbiografie „Verliebte Feinde“ des Historikers Wilfried Meichtry, dem umfangreiches Archivmaterial für seine Arbeit zur Verfügung stand, unter anderem Tagebücher von Iris von Roten sowie der Briefwechsel des Ehepaars Iris und Peter von Roten.
Quelle:
Wilfried Meichtry, Verliebte Feinde. Iris und Peter von Roten. Nagel & Kimche 2012
Weiterlesen:
Frauen im Laufgitter. Offene Worte zur Stellung der Frau. Neuausgabe 2014, efef-Verlag
Die afroamerikanische Chemikerin Alice Augusta Ball fand ein Wirkmittel gegen Morbus Hansen – eine Krankheit, die wir unter dem Namen Lepra kennen. Noch immer geht Lepra mit einem großen Stigma einher. Und Würdigung dafür erhielt die junge Frau viel zu spät.
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Eigentlich dachten wir, dass wir interessante Frauen, über die wir nicht ausreichend Informationen für eine ganze Podcast-Folge finden, lediglich in einem Blogartikel vorstellen. So habe ich es zum Beispiel mit Dr. Marie Maynard Daly und Frances Oldham Kelsey gemacht. Aber Alice Ball ist mir so sympathisch, dass ich ausführlicher über sie reden möchte.
Sie wird im Juli 1892 in Seattle in eine recht wohlsituierte Familie geboren. Vielleicht ist es das Fotolabor ihres Großvaters James Presley Ball, in dem sie zum ersten Mal mit Chemikalien in Kontakt kommt. Diese werden sie ihr weiteres (kurzes) Leben faszinieren.
Eine erste Veröffentlichung
Sie geht zur High School und studiert als eine von wenigen Frauen (erst in Seattle, dann in Honululu) pharmazeutische Chemie und Pharmazie. Noch bevor sie ihr Masterstudium beginnt, kann sie eine erste wissenschaftliche Veröffentlichung im renommierten Journal of the American Chemical Society vorweisen: Beonzylations in Ether Solution – zu dieser Zeit eine außergewöhnliche Leistung. Ihre Masterarbeit schreibt sie über die aktiven Bestandteile des Kavapfeffers. Sie ist die erste Frau, die am College of Hawaii einen Mastertitel erhält, und auch die erste schwarze Studentin.
Quelle: knkx.org
Ein großer Erfolg
Daraufhin arbeitet sie dort als Dozentin und bekommt gleichzeitig eine Stelle in einem Labor von Harry T. Hollmann angeboten, der zu dieser Zeit herausfinden möchte, wie man mit Chaulmoograöl Lepra behandeln kann. Mit ihren 20 Jahren muss Alice Ball eine zielstrebige, intelligente Frau gewesen sein. Trotz der doppelten Arbeitslast fand sie bald heraus, wie man – Achtung, Chemie – die Ethylester der zwei in diesem Öl enthaltenen Fettsäuren (nämlich Chaulmoograsäure und Hydrocarpussäure) bei niedrigen Temperaturen trennen kann. Dadurch werden sie wasserlöslich und können injiziert werden.
Bevor sie diese Ergebnisse jedoch veröffentlichen kann, atmet sie wohl in ihrem Unterricht Chlorgas ein. Sie wird schwer krank und stirbt 1916 mit nur 24 Jahren. Man wird sich wohl immer fragen müssen, was sie noch hätte erreichen können.
Nach ihrem Tod übernimmt Dr. Arthur L. Dean – ebenfalls Chemiker und gleichzeitig Präsident des College of Hawaii – ihre Arbeit. Es wird ein Medikament hergestellt und in großen Mengen verkauft und erfolgreich verabreicht. Dean veröffentlicht die Ergebnisse als seine eigenen, Alice Ball erwähnt er nicht einmal. Erst später nennt ein anderer Forscher in einer Publikation ihren Namen. Die „Dean-Methode“ wird zur „Ball-Methode“ umbenannt – und bleibt bis in die 1940er die beste Behandlungsmethode. Im Podcast erzähle ich mehr über die berühmt-berüchtigte Lepra-Kolonie Kalaupapa auf Hawaii.
Eine Wiederentdeckung
Es ist Dr. Kathryn Takara von der University of Hawaii, die Alice Ball „wiederentdeckt“, als sie 1977 mit der Erforschung schwarzer Frau in Hawaii beginnt. Etwa zeitgleich beschäftigt sich ihr Kollege Stanley Ali, ein pensionierter Beamter, mit der Geschichte der Schwarzen auf Hawaii. Er sorgt dafür, dass die Universität ein Porträt von Alice Ball in der Hamilton Library (Teil des Uni-Campus) aufhängt. Seit 2008 gibt es für sie eine Gedenktafel neben einem Chaulmoograbaum auf dem Campus. Außerdem wurde der 29. Februar zum Alice-Ball-Tag ernannt. 2007 bekam sie posthum die Regents’ Medal of Distinction der Universität verliehen. Im Februar 2020 zeigte das Pan African Film Festival einen Kurzfilm von Dagmawi Abebe namens The Ball Method, von dem ich online leider nur den Trailer finde. Außerdem ist wohl eine Biografie in Arbeit, durch Paul Wermager von der University of Hawaii.
Quelle: imdb.com
Einige Zahlen
Hier sind noch ein paar Zahlen dazu, wie die Situation für Afroamerikaner:innen zu Alice Balls Zeit aussah, was die Zulassung zu Universitäten und Colleges in den USA angeht:
Die erste Universität, die offiziell schwarze Student:innen fördern wollte, war Oberlin College in Ohio. Das war 1833. Viele Schwarze und Abolitionisten (die sich für die Abschaffung der Sklaverei einsetzten) zogen in der Zeit dorthin. Auch die Underground Railroad, über die Sklav:innen aus den Südstaaten in den Norden geschmuggelt wurden, hatte dort einen „Bahnhof“.
Zu Beginn des Sezessionskriegs hatte Oberlin ein Drittel aller afroamerikanischen Akademiker produziert, hauptsächlich Männer, und zwar ungefähr 13. (Die anderen zwei Drittel kamen von anderen Colleges im Norden.)
1850 bekam Lucy Ann Stanton, eine Schwarze, ein Abschlusszertifikat in Literatur vom Oberlin College, aber keinen offiziellen Bachelortitel. Zwölf Jahre später gelingt dies dann Mary Jane Patterson. Und Sarah Woodson Early war noch vor 1900 die allererste schwarze College-Dozentin, die vorher am Oberlin College studiert hatte. Dennoch war natürlich nicht plötzlich alles Friede, Freude, Eierkuchen. Noch 1944 gab es keinen Friseursalon auf dem Oberliner Campus oder in der Nähe, der Haare der schwarzen Student:innen hätte schneiden können. Guter Wille und praktische Umsetzung sind zwei Paar Stiefel. (Quelle)
Was Frauen angeht (unabhängig von Herkunft/Hautfarbe), so gab es 1900 in den USA genau 85.338 College-Studentinnen, von denen 5.237 einen Bachelor-Abschluss machten. Im Semester von 1929/1930 waren dann schon 480.802 Frauen eingeschrieben. 1950 wurden 23,9 % der Bachelor-Abschlüsse von Frauen erworben und 9,7 % der Doktortitel. (Quelle)
Außerdem helfen vielleicht noch Erwähnungen von ein paar „die erste, die“-Jahreszahlen verschiedener Universitäten, wie zum Beispiel:
1864 gibt es den ersten medizinischen Abschluss für Rebecca Lee in New England. 1881 eröffnet Spelman College in Atlanta, eine Institution nur für schwarze Frauen. 1890 ist Ida Gray die erste schwarze Frau, die einen Abschluss in Zahnmedizin bekommt, an der University of Michigan. 1897 macht am Vassar College zum ersten Mal eine schwarze Studentin einen Abschluss, Anita Hemmings – von der das College die ganze Zeit dachte, sie sei weiß. Als jemand sie ein paar Wochen vor ihrem Abschluss „outet“, fühlt das College sich betrogen. Ihren Abschluss bekommt sie trotzdem. 1899 wird zum ersten Mal eine schwarze Studentin Mitglied der Studentinnenverbindung Phi Beta Kappa (die es schon seit 1776 (?) gibt). 1900 ist Otelia Cromwell die erste Schwarze, die einen Abschluss am Smith College in Northampton, Massachusetts macht. 1880 gibt es 45 „schwarze“ Colleges und Universitäten in den USA. 1900 sind es 78. 1932 sind es 117. (Quelle)