Agnes von Ungarn wurde von den Chronisten entweder als Heilige oder als gnadenlose Rächerin dargestellt. In der heutigen Geschichtsforschung gilt sie als heimliches Oberhaupt der frühen Habsburger-Dynastie. Wer ist diese Frau, die mit 21 Jahren eine der reichsten Witwen Europas wurde und entschied, all ihr Wissen und Geld für ihre Ursprungsfamilie einzusetzen?

Ein Gastbeitrag von Dorothe Zürcher

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Porträt in Öl von Agnes von Ungarn, das von Anton Boys im 16. Jahrhundert angefertigt wurde
Bild von Anton Boys, 16. Jh

Elternhaus – Kindheit und Jugend

Agnes von Ungarn kommt wahrscheinlich im Jahre 1280 in Brugg oder Baden (Schweiz) zur Welt. Weder Geburtsort noch das genaue Geburtsjahr sind bekannt. Erstaunlich, da ihr Grossvater Rudolf von Habsburg römisch-deutscher König ist. Nach einem längeren Interregnum ernannten die Kurfürsten den Grafen Rudolf von Habsburg zum König, in der Annahme, dass er ihnen nicht gefährlich werden könne, aber genug stark sei, um sich zu halten.

Agnes’ Vater ist der Zweitgeborene, also nicht der Erbe. Agnes’ Mutter ist Elisabeth von Görz-Tirol. Mit elf Jahren wurde Elisabeth verheiratet und auf die Habsburg zu ihrem zukünftigen Gatten gebracht. Damals galt ihre Ehe als «gute Ehe», unter anderem, weil Elisabeth elf Kinder zur Welt bringt, die das Erwachsenenalter erreichen. Agnes ist wahrscheinlich das dritte Kind.

Als die Herzöge von Österreich aussterben, übernimmt König Rudolf das Herzogtum und übergibt es seinen beiden ältesten Söhnen. Albrecht reist nach Wien und lässt seine Familie nachkommen, unterdessen stirbt sein älterer Bruder.

Die Wiener Bürger haben Mühe mit dem fremden Herzog. Albrecht fördert den Fernhandel und bringt seine eigenen Ministerialen mit. Zwei Mal vertreiben die Wiener die Familie aus der Stadt. Mit Gewalt erobert Albrecht diese wieder zurück.

1291 stirbt König Rudolf. Albrecht nimmt an, dass er zu dessen Nachfolger gewählt wird, was nicht geschieht. Adolf von Nassau wird gewählt. Albrecht übergibt die Regentschaft des Herzogtums seiner Gattin und reist im Reich herum, um für eine Wiederholung der Königswahl zu werben.

Elisabeth von Görz-Tirol ist eine gute Diplomatin und beliebt. Sie kann die Wiener Bürger besänftigen und fördert den Handel, zugleich bekommt sie fast jährlich ein Kind.

Foto der Burg Habsburg vor blauem Himmel, im Vordergrund Weinberge
Burg Habsburg, die Stammburg der Habsburger im Aargau. Foto: Roland Zumbühl

Agnes, ein Kind der habsburgischen Machtpolitik

Mit elf Jahren wird Agnes mit einem römischen Grafen verlobt. Dann ändert sich die Politik. König Andreas von Ungarn, der Wien belagerte, da er Agnes’ Vater als Konkurrenten betrachtete, verliert seine Gattin. Um einen Frieden zwischen Österreich und Ungarn zu sichern, nehmen die beiden Gegner Heiratsverhandlungen auf. Agnes’ ältere Schwester ist schon verheiratet. Sie ist die Nächste in der Reihe.

König Andreas verlangt eine hohe Mitgift, um seinen eigenen Thron zu sichern. Deswegen ziehen sich die Verhandlungen in die Länge. Als man sich einigt, ist Agnes 18 Jahre alt.

Agnes bringt eine Mitgift von 40 000 Silbermark in die Ehe. Damals war das die höchste Mitgift europaweit. Als Morgengabe bekommt Agnes den Burghügel von Pressburg/Bratislava.

Die Heirat findet ungewohnt in Wien und nicht in Ungarn statt. Drei Kurfürsten sind geladen. Nach der Heirat wird Albrecht heimlich zum neuen König des römisch-deutschen Reiches gewählt. In der Schlacht von Göllheim stirbt Adolf von Nassau. Albrecht hat sein Ziel erreicht und wird römisch-deutscher König. Agnes ist zu dieser Zeit schon in Ungarn und wird dort zur Königin gekrönt.

Das gelb-rote Wappen der Habsburger mit zwei Löwen
Wappen der Habsburger in der Zürcher Wappenrolle von 1360

Königin in Ungarn

König Andreas ist 15 Jahre älter als Agnes und bringt eine siebenjährige Tochter in die Ehe. Noch im selben Jahr ernennt der Papst Carobert von Anjou zum König von Ungarn, einen Vetter von Agnes. Das Königtum steht auf unsicheren Beinen, da auch der König von Böhmen für seinen Sohn, ein weiterer Vetter von Agnes, Anspruch auf den Thron erhebt.

Agnes macht Schenkungen an die Kirche, um diese an das Königtum zu binden. Sie bringt jedoch keinen Erben zur Welt, was dem Königtum Sicherheit verliehen hätte.

Nach zweieinhalb Jahren Ehe stirbt ihre Schwiegermutter, eine wichtige Beraterin ihres Gatten. Der König bricht zusammen. In der Reimchronik des Ottokar entsteht der Vers über das ungarische Königspaar: «Der König hat die Königin nicht verdient.»

König Andreas stirbt überraschend vier Monate nach dem Tode seiner Mutter, im Januar 1301. Agnes übergibt die Burg Buda den Stadtherren und flieht mit ihrer Stieftochter nach Wien.

Witwe in Wien

Als Witwe hat Agnes die Wahl, sich wieder zu verheiraten oder in ein Kloster einzutreten. Sie tut weder das eine noch das andere, sondern taucht nun im Gefolge ihres herzoglichen Bruders oder dem ihrer Mutter auf, erst in der Steiermark, dann in Süddeutschland und der Schweiz, bei den Habsburgern Vorlande genannt.

Ihr ältester Bruder Rudolf setzt sich für ihr Wittum in Pressburg ein. Dafür leiht sie ihm Geld für seine Feldzüge. Agnes verfasst Schenkungen an Frauenklöster, im Gegenzug soll für ihre Seele und die von König Andreas gebetet werden.

Die Ermordung ihres Vaters

1308 wird König Albrecht von seinem Neffen in der Nähe von Brugg ermordet. Ein familieninterner Streit, bei dem es um das Erbe des Neffen ging. Ein Schock für die Familie, der älteste Sohn war ein Jahr zuvor gestorben, die beiden jüngeren können die Lücken noch nicht füllen. Agnes und ihre Mutter reisen nach Brugg, um dort nicht nur das Begräbnis vorzubereiten, sondern auch Familienrat zu halten. Sie sind nun die Oberhäupter des Habsburger-Clans. Die Mutter kehrt nach Wien zurück, um einen Sohn für die Königswahl vorzubereiten, was nicht gelingt. Agnes bleibt in den Vorlanden, um diese mit ihrem jüngeren Bruder Leopold zu verwalten.

Foto eines aufgeschlagenen Buchs in einer Museumsvitrine. Es zeigt eine Zeichnung von zwei Frauen in Nonnengewändern
Gründerinnen des Klosters Königsfelden: Elisabeth von Görz und Tirol (links) und ihre Tochter Agnes von Ungarn. Die Schriftbänder verweisen auf die Gründung. Agnes trägt den Witwenschleier. Aus «Portraits der Habsburger Familie», um 1560, Papier, Einband Leder. Foto: Adrian Michael

Heimliche Königin der Schweiz

Am Ort der Ermordung gründet die Mutter das Kloster Königsfelden, für das Agnes die Klosterordnung schreiben lässt. Darin steht geschrieben, dass sie im Klosterbezirk ein eigenes Haus mit ihrer Dienerschaft haben und an allen Gebeten teilnehmen darf, ohne ins Kloster einzutreten. Somit gründet sie ihren eigenen Hof in einem Kloster und wird dort über 40 Jahre lang residieren. Sie vertritt ihre Brüder – später Neffen – in Süddeutschland und der Schweiz als Statthalterin und wird als Vermittlerin bei Konflikten beigezogen.

Agnes wird sich ihr Leben lang Königin nennen und mit umfangreichen Schenkungen politisch Einfluss nehmen. Beispielsweise gründet sie 1236 das Spital Baden, um die Fürsorge und Unterstützung für die Armen und Kranken in der Region zu verbessern. Medizinische Versorgung für die Bürger war damals keine Selbstverständlichkeit.

Agnes sammelte die Gelder und sprach beim Konzept der Glasfenster der Kirche Königsfelden mit, die heute als herausragendes Beispiel gotischer Glasmalerei dienen.

Ein Foto einer Klosterkirche vor blauem Himmel, im Vordergrund grüne Wiese
Klosterkirche Königsfelden. Foto: Lutz Fischer-Lamprecht

Berichterstattung nach Agnes’ Tod

Nach Agnes’ Tod entsteht in Königsfelden eine Vita über sie, die sie in die Nähe einer Heiligen rückt. Im Gegenzug wird sie als Habsburgerin in der eidgenössischen Geschichtsschreibung als hinterlistig und böse dargestellt. In der eidgenössischen Befreiungstradition galten die Habsburger als Antagonisten, die möglichst böse zu agieren hatten, um die Befreiungsidee zu legitimieren. Ägidius Tschudi nennt Agnes im Chronicum Helveticum ein «geschwind, listig Wib», womit er Agnes gleich drei Mal beleidigt: «Wib» wurden Frauen des niederen Standes genannt, Agnes war eine Königin. Geschwind galt als unweiblich und mit listig ist hinterlistig gemeint. Dieses Bild wird jahrhundertelang ungefragt übernommen bis hin zu Schiller, der sie in seinem «Willhelm Tell» als unbeugsame, in Blut watende Rächerin darstellt.

In der neueren Geschichtsschreibung wird das Bild der Agnes von Ungarn wieder zurechtgerückt, manchmal wird sie sogar «heimliche Königin der Schweiz» genannt.

Ein Ölgemälde zeigt einen Menschenauflauf vor einer mittelalterlichen Stadt. Eine Frau kniet vor einer Empore auf den Boden, um bei einer sitzenden Frau um Gnade zu flehen.
Bild von August Weckesse aus dem 19. Jh.
Agnes als unbeugsame Rächerin: Gertrud von Wart fleht um Gnade für ihren verurteilten Mann, des Mörders von König Albrecht. Agnes lehnt ab. Historisch falsch.

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Mehr über Dorothe Zürcher und ihre Agnes-Biografie “Ein geschwind listig Wib” erfahrt ihr hier:
Website: dorothe-zürcher.ch
Instagram: https://www.instagram.com/dorothe_zurcher_autorin/
Thalia: https://www.thalia.de/shop/home/artikeldetails/A1073614377

Primärliteratur:
Liebenau, Herbert von: Urkundliche Nachweise zur Lebensgeschichte der verwitweten Königin Agnes von Ungarn. Aarau 1866
epistolae.ctl.columbia.edu: Agnes of Austria

Sekundärliteratur:
Boner, Georg: Königin Agnes von Ungarn, 11. Juni 1364. Brugg 1964
Huber, Sybille: Königin Agnes von Ungarn, die Bilder einer Frau in der Geschichtsschreibung. Zürich 2012
Liebenau, Herbert von: Lebens-Geschichte der Königin Agnes von Ungarn, der letzten Habsburgerin des erlauchten Stammhauses aus dem Aargaue. Mainz 1868
Meier, Bruno: Ein Königshaus aus der Schweiz. Baden 2010
Meier Bruno: Von Morgarten bis Marignano. Baden 2015
Museum Aargau (Hrsg.): Königin Agnes von Ungarn, Eine Habsburgerin zwischen Kloster und Eidgenossenschaft. Broschüre, Windisch 2017
Zey, Claudia (Hrsg.) u. Mitarb. von Caflisch S.: Mächtige Frauen? Königinnen und Fürstinnen im europäischen Mittelalter (11.-14. Jahrhundert), Ostfildern 2015

Nana Yaa Asantewaa war eine ghanaische Königsmutter und Politikerin. Sie führte die Aschanti-Rebellion gegen die britischen Invasoren an, um den Goldenen Stuhl zu verteidigen.

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Das Aschanti- oder Asante-Reich bestand von 1680 bis 1896 – über 200 Jahre lang waren die Asante (die wiederum Teil des Akan-Volkes sind) eine regionale Großmacht, deren Gebiet sich über das heutige Ghana hinaus erstreckte. Die Asante waren eines von wenigen Völkern, die Widerstand gegen die europäischen Invasoren leistete und nicht zu einem Protektorat werden wollten. Prägend waren dabei vier Kriege, die von 1826 bis 1896 dauerten. 1900 unterlagen sie den Briten jedoch endgültig.

Zwillingsgeburten in Ejisu

Zur Zeit der Geburt von Yaa Asantewaa (um 1840) gab es in der Region Ejisu, aus der sie stammt, mehrere Todgeburten von Zwillingen, und eine Frau aus der königlichen Familie bekommt Zwillinge, von denen ein Kind ein „formloser Körper“ ist. Das Orakel sagt, dieser „einzigartige“ Körper sei von den Göttern geschickt und ebenfalls eine Gottheit namens Ateko, die die Asante anbeten sollen.

In den kommenden Jahren sind die Asante im Krieg besonders erfolgreich, und es gelingt ihnen, ihr Land zu vergrößern – das war Atekos Verdienst.

Yaa Asantewaas Leben in Ejisu

Yaa Asantewaas Eltern, Kwabena Ampoma und Madam Attah Poh, gehören zur königlichen Familie und leben (vermutlich) im Ort Besease. Sie wird 1832 oder 1840 geboren und erhält eine umfassende Erziehung in ihrer Kultur erzogen, um später Königsmutter von Ejisu zu werden. Sie gilt als religiös bzw. spirituell und nimmt, sobald sie ihre erste Menstruation bekommt, an einem Ritual statt, das zeigt, dass sie nun erwachsen ist. Sie heiratet einen Mann von außerhalb und bekommt ein Kind: eine Tochter, die sie Serwaa Brakatuo nennen. Ihr Mann hat, wie es bei den Asante üblich ist, mehrere Frauen und mit denen weitere Kinder, um die sich Yaa Asantewaa genauso gut kümmert wie um ihre eigene Tochter.

Vermutlich ein echtes Foto von Yaa Asantewaa
Vermutlich ein echtes Foto von Yaa Asantewaa

Yaa Asantewaa ist Bäuerin und liebt ihre Arbeit. Angeblich vergeudet sie nicht gern Zeit mit nachbarschaftlichem Geplauder – dafür ist immer zu viel zu tun. Sie möchte, dass Frauen selbstständiger werden und sagt: Männer sind keine Kissen, gegen die die Frauen sich lehnen sollten. Sie selbst ist von ihrem Mann finanziell unabhängig.

König Prempeh I. geht ins Exil

Am Ende der langen Kriegsjahre entscheidet sich König Prempeh I. 1896, nicht mehr gegen die Briten zu kämpfen, sondern ins Exil zu gehen, um sein Volk vor weiteren Angriffen zu schützen. Sein Weg endet 1900 auf den Seychellen, wo es ihm und anderen Mitexilant:innen erst einmal relativ gut geht. Sie erbauen ein Camp, Wasser und Strom wird gelegt, es gibt eine Gesundheitsversorgung, sogar einen Fußballplatz. Prempeh lernt Englisch und Französisch und konvertiert zum Christentum, auch wenn er mehrere Ehefrauen hat, und die Beerdigungen im Camp den Asante-Traditionen entsprechen stattfinden.

Königsmutter und König in einer Person

Yaa Asantewaas Tochter Serwaa Brakatuo bekommt elf Kinder. Als einer ihrer Söhne König von Ejisu wird, wird Yaa Asantewaa die Königsmutter. Wie Prempeh wird ihr Enkel jedoch von den Briten ins Exil gezwungen, sodass Yaa Asantewaa vier Jahre lang auch die Rolle des Königs übernimmt.

Politisch ist sie auf Ausgleich und Frieden bedacht und geht Konflikten eher aus dem Weg. Rache ist nicht richtig, sondern Vergebung. Sie will, dass die Frauen ihre traditionellen Rollen erfüllen, sorgt aber auch dafür, dass Männer ihre Frauen und Kinder nicht misshandeln. Auch hier betont sie, dass Frauen sich nicht von Männern finanziell abhängig machen sollen, da sie sonst nur allzu leicht dazu gezwungen werden können, ihren Körper zu verkaufen.

Die Asante waren (und sind) eine patriarchalische Gesellschaft, verfolgen aber ein matrilineares System, was den Familienstammbaum angeht, d. h. man „gehört“ immer zur mütterlichen Familie.

Der Governor benimmt sich daneben

Einige der Asante-Chiefs versuchen immer wieder, sich mit den Briten zu einigen. Doch die Briten sind nicht ehrlich, halten ihre Versprechen nicht ein und nehmen sogar einige der Chiefs gefangen, um sie in die Sklaverei zu verkaufen.

Sir Frederick Hodgson wird Governor der Goldküste und sucht nach dem Goldenen Stuhl, dem wichtigsten religiösen Machtsymbol der Asante, um sich selbst daraufzusetzen und seine Macht zu demonstrieren. Wie sehr er die Asante damit brüskiert, ist ihm egal.

Der Goldene Stuhl der Asante

Die Legende des Goldenen Stuhls

Der noch heute lebendige Gründungsmythos der Asante besagt, dass Ende des 17. Jahrhunderts ein Priester namens Okomfo Anokye vom obersten Gott der Asante einen mit Gold bedeckten, hölzernen Stuhl erhielt, der vom Himmel kam und sich auf dem Schoß des damaligen Herrschers niederließ. Laut Okomfo Anokye enthielt dieser Stuhl die Seele des ganzen Aschanti-Volkes. Damit wurde er zum Symbol der nationalen Einheit, war die höchste politische Autorität und Gegenstand der Gottesverehrung. Er ist so heilig, dass er nicht mit dem Boden in Berührung kommen darf und niemals jemand darauf saß. Bei der Inthronisierung wurde der König in eine kostbare Seidentoga gehüllt und von der Königmutter auf dem Rücken in den Krönungssaal getragen. Dann wird er dreimal über dem Stuhl nach unten gelassen, ohne ihn zu berühren.

Ein Händedruck mit Folgen

Sie behaupten, sie wüssten gar nicht, wo der Goldene Stuhl sei. Prempeh sei der einzige, der es wüsste, also müsste der Governor ihn wohl aus dem Exil nach Hause kommen lassen. Darauf lässt Hodgson sich jedoch nicht ein.

Bei einer Versammlung mit den Briten und den Asante-Chiefs in Kumasi ist Yaa Asantewaa die einzige, die sich traut, ihre Wut zu zeigen. Sie soll, wie die anderen, dem Governor die Hand schütteln, bleibt jedoch vor ihm stehen und bewundert spöttisch seine Medaillen und seine Uniform. Danach geht sie weiter zu seiner Ehefrau und gibt dieser die Hand – allerdings hat sie darin gekaute Stückchen Kolanuss und Spucke aufbewahrt. Mrs. Hodgson ekelt sich.

Dummer weißer Mann!

Dann sagt Yaa Asantewaa Governor: Dummer weißer Mann! Wer bist du, dass du dich traust, den Goldenen Stuhl zu verlangen? Der Goldene Stuhl ist Eigentum des Königs der Asante und nichts für Leute wie dich: Gehörst du zur königlichen Familie? Wo ist unser König? Bring ihn her, damit er dir zeigen kann, wo der Goldene Stuhl aufbewahrt wird. Er ist der einzige Hüter des Stuhls und weiß, wo er versteckt ist.

Sie fordert die Chiefs erneut auf, etwas zu unternehmen, doch sie bleiben zögerlich. Dann fordern die Briten, wenn sie schon den Stuhl nicht bekommen, Gold als Entschädigung.

Yaa Asantewaa wendet sich an die Chiefs: Edle Jungen und Männer unseres Vaterlands, sollen wir hier sitzen bleiben und uns ständig von diesen Schurken entmenschlichen lassen? Wir sollten aufstehen und unser Erbe verteidigen. Es ist besser, umzukommen, als wie die Schafe zuzuschauen, wenn der weiße Mann, dessen einziges Ziel in unserem Land es ist, zu stehlen, zu töten und zu zerstören, uns droht, unseren Goldenen Stuhl zu rauben. Steht auf, Männer! Und verteidigt den Goldenen Stuhl, damit er nicht von Fremden gefunden wird. Es ist ehrbarer, umzukommen, während wir den Goldenen Stuhl verteidigen, als in stetiger Sklaverei zu verbleiben. Ich bin bereit, euch gegen den weißen Mann in den Krieg zu führen.

An anderer Stelle heißt es weiter: … und wenn ihr es nicht macht, dann rufe ich die anderen Frauen zusammen. Wir werden die Weißen bekämpfen.

Es ist entweder Yaa Asantewaa selbst, die mit einem Gewehr in die Luft und damit den Briten den Krieg erklärt, oder ihre Schwester/Cousine Nana Afranewaa, Königsmutter von Offinso, deren politische Unterstützung sie braucht, um in den Krieg ziehen zu können.

Eine Schauspielerin als Yaa Asantewaa
Eine Schauspielerin als Yaa Asantewaa

Yaa Asantewaa wird von ihren Chiefs als Kriegsführerin bestätigt.

Die Kriegsvorbereitungen

Es scheint ein stehendes Heer gegeben zu haben, das nun Waffen und Schießpulver von dänischen Händlern weiter südlich kauft. Die Asante stellen selbst Patronen aus Schießpulver und Baumrinde her und sammeln Messer, Macheten, Äxte, Flaschen, Seile usw.

Yaa Asanteaa konsultiert die Gottheit Ateko zur spirituellen Unterstützung.

Sie ernennt Generäle, baut Camps und sucht nach taktischen Verstecken in und um Kumasi. Als oberste Heerführerin kämpft sie nicht selbst, sondern berät sich mit ihren Generälen und kümmert sich um die Strategie. Sie gilt als risikofreudig. Der Daily Mirror of London beschreibt sie als Joan of Arc of Africa.

Der Krieg

Das erste Feuer wird eröffnet, als eine Gruppe Briten erneut bei den Asante eindringt, um den Goldenen Stuhl zu finden. Yaa Asantewaa entscheidet sich für die Belagerung des Forts der Briten und ist monatelang erfolgreich. Viele Soldaten verhungern.

Was die Waffen angeht, sind die Briten ihnen natürlich überlegen, sodass Yaa Asantewaa schlauer sein muss. Sie legen Minen. Sie nutzen Glocken und leere Flaschen als Alarm, sodass sich niemand unbemerkt näher kann. Sie setzen Trommeln ein, um die Briten mürbe zu machen – schon bald werden sie „Todestrommeln“ genannt. Sie binden Seile so an Bäume, dass es sich, wenn man daran zieht, so anhört, als näherten sich Menschen – die Briten schießen sinnlos und vergeuden Munition.

Auch die Asante-Frauen helfen: Sie kümmern sich um Verletzte, bringen ihnen Essen und performen die mmomomme. Das sind Lieder, die die Männer motivieren sollen, bis zum Tod zu kämpfen. Sie rufen ihre Götter und Vorfahren an und verfluchen ihre Feinde. Es gibt auch ein Lieg über Yaa Asantewaa, „eine Frau, die vor den Kanonen kämpft, du hast großartige Dinge erreicht, und du hast dich gut geschlagen“.

Yaa Asantewaa von Stuart Patience
Yaa Asantewaa von Stuart Patience
(schaut euch unbedingt auch mal die anderen Kunstwerke von ihm an!)

Verhandlungen und Kriegsende

Als die Briten schließlich erschöpft zum Verhandeln kommen, verlangen die Asante, dass Prempeh freigelassen wird, dass der Governor seine Forderung nach dem Gold und vor allem dem Goldenen Stuhl zurücknimmt. Hodgson akzeptiert, bricht aber quasi direkt sein Versprechen und brennt mehrere Dörfer um Kumasi nieder. Der Krieg wird wieder aufgenommen, beide Seiten rufen Verstärkung, der Governor muss fliehen.

Yaa Asantewaa entzieht sich der Gefangennahme, indem sie sich nirgendwo lange aufhält. Doch dann werden ihre Tochter und deren Kinder als Geiseln genommen. Sie ergibt sich, und der Widerstand der Asante ist gebrochen. Dennoch heißt es, dass sie diesen Krieg gewonnen haben, weil die Briten den Goldenen Stuhl nicht gefunden haben.

Im Exil

Yaa Asantewaa muss nun ebenfalls ins Exil. Mit 45 anderen Asante landet auch sie schließlich auf den Seychellen.

Prempeh und seine Leute auf den Seychellen

Yaa Asantewaa lässt sich ebenfalls taufen und bekommt den Namen Elizabeth. Doch die Bedingungen im Camp haben sich verschlechtert. Prempeh hat bereits öfter Bittbriefe an die Briten gerichtet, weil viele seiner Mitstreiter alt und krank werden und nicht richtig versorgt. Doch die Briten reagieren erst 1924. Prempeh und die anderen kommen frei. Die Knochen derjenigen, die im Exil gestorben sind, werden 1930 nach Ghana überführt. Dazu gehören auch die von Yaa Asantewaa, die im Oktober 1921 gestorben ist.

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Quellen:
Dwayne Wong (Omowale): Prempeh, Yaa Asantewaa, and the Final Asante War (Selbstverlag, 2015)
Nana Pokua Wiafe Mensah: Nana Yaa Asantewaa, the Queen Mother of Ejisu: The Unsung Heroine of Feminism in Ghana (Masterarbeit, 2010)

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Eine kurze BBC-Doku: Yaa Asantewaa and the Fight for the Golden Stool

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Artwork und Musik: Uwe Sittig 

Frauenleben-Hosts: Susanne Popp und Petra Hucke 

Frauenleben-Podcast 

Instagram: https://www.instagram.com/frauenleben.podcast/